Nitro

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Nitro (Glycerin)

Google hat sich also dazu entschieden, seine eigene Rendering-Engine für Chrome zu entwickeln, indem sie Webkit in einen eigenen Fork abzweigen. Neben lächerlichen FAQs liest man dann auch die Frage, ob die „Blink“ genannte Engine eventuell irgendwann auch auf iOS laufen wird. Und die Antwort ist natürlich ganz klar nein. Bereits jetzt darf auf iOS jeder alternative Browser (Opera, Chrome etc.) lediglich Webkit so wie es von Safari benutzt wird verwenden – exklusive der „Nitro“ genannten JavaScript Engine.

De Facto bedeutet dies für das ja überall und mehrfach als meistverwendete mobile Plattform iOS (Traffic, Umsatz) gepriesene iOS, dass es bereits eine Trennung zwischen den WebKit-Versionen im Mobilbereich gibt. Der Schritt seitens Google, Blink zu entwickeln, ist somit eigentlich nur Konsequent.

Hätte Microsoft sowas mit IE gemacht zu Zeiten von Mozilla hätten sie in Redmond mit Heugabeln vor dem Firmentor gestanden.

Nun wurde auf App.net von Glenn Fleishman, Podcaster („New Disruptors“), Autor für verschiedene Magazine (z.B. The Economist als „Babbage“) das Folgende verbreitet:

 I did more research yesterday. Apple in January essentially asserted 100% control of WebKit2 trees. So in an open-source project, if the leads on a given version do that, you can either submit or fork.

Aus meiner Erfahrung heraus ist den Ergebnissen von Fleishman in der Regel zu trauen. Von daher stehen wir auch auf anderen Plattform vor der Tatsache, dass Google im Prinzip zum Fork gezwungen wurde.

Ich kann den Sicherheitsaspekt auf iOS bezüglich der JavaScript-Engine verstehen. Die vielen Jailbreaks auf iOS zeigen sehr deutlich, dass es viele Möglichkeiten gibt, Angriffe auf iOS zu starten. Die JavaScript-Engine für alle Entwickler frei verfügbar zu machen, sprich aus den geschützten Speicherbereichen heraus zu nehmen, würde der Öffnung von Schneunentoren gleichk ommen.

Nur stellt sich die Frage, warum das alles auf Android kein Problem darstellt. Ab welchem Punkt kann man mit „Sicherheit“ alles legitimieren? Wer zu Zeiten von Windows 95 bis XP schon Computer verwendet hat, wird sich sicherlich daran erinnern, wie Microsoft so ziemlich jedes Argument Recht war, warum andere Hersteller das Dokumentenformat von Office nicht kennen durfte oder warum man „unbedingt“ den Internet Explorer in das Betriebssystem integrieren musste. Bis die EU dazwischen gehauen hat.

Andere Baustellen

Gepaart mit den Fehlern in iMessage die Dan Moren die ganze Zeit auf alpha.app.net runterrattert die letzten Wochen hab ich wirklich das Gefühl, dass Apple viele Dinge nicht auf die Kette bekommt, während Android Riesenschritte macht was die Geschwindigkeit und die Interoperabilität angeht. Es ist wirklich wie Andy Ihnatko sagt. Die Arbeit auf Android geht mittlerweile viel flotter von der Hand als auf iOS, während das App-Angebot auf iOS besser ist. Wenn Blink jetzt auch noch zur besseren Engine entwickelt wird (möglich ist es ja) läuft alles darauf hinaus dass Android irgendwann so ziemlich in allen Aspekten vorne liegt außer den Apps und dann ist man im Prinzip bei der IBM/Motorola Situation bei den Macs vor dem Wechsel zu Intel CPUs angekommen. Tolle Software – lahme Hardware. Bei so vielen Webviews in Apps ist der Vergleich sicherlich nicht komplett übertrieben, alle nativen Apps sind davon natürlich ausgenommen.

Der andere Aspekt ist der riesige Anteil an Verkaufszahlen von hochqualitativen Android-Smartphones zu Samsung. Die Vereinigung aller Gewinne der Android-Plattform auf Samsung belegt sehr eindeutig, dass Heavy User auf Samsung setzen. Das Galaxy S4 wird als erstes Android Smartphone von Samsung mit der aktuellsten Android-Version ausgeliefert werden. Blink wird somit zur Rendering Engine aller Gewinne durch Android und die Plattform für Entwickler attraktiver.

Der Schachzug von Google, die Userdaten jetzt nur noch nach „aktiven“ Usern auszugeben tut eventuell sein Übriges, Entwickler auf Android zu ziehen. Wenn man weiß, dass 50% aller User auf der neuesten Version sind, dann entwickelt man vielleicht doch dafür, zumal sich ja heraus kristallisiert dass es im Prinzip nur noch ein Zweiplattform-Rennen ist.

Auch ein Samsung-eigener App Store wird für mich hierdurch dann doch immer mehr zur möglichen Option. Samsung böte Entwicklern eine Plattform, die Umsätze generieren könnte, mit einer Usergruppe, die erwiesenermaßen Geld ausgibt und höchstwahrscheinlich als Nächstes wieder ein ähnliches Samsung Telefon kaufen wird, verbunden mit verhältnismäßig wenig zusätzlicher Arbeit, um die Apps an das neue Gerät anzupassen.

Fortschritt

Die Augen liegen deshalb im Moment auf Apple. Es wird Gründe dafür haben, 100% aller „trees“ von WebKit2 an sich zu reißen. Hoffentlich ist es nicht pure Kontrollwut, sondern das Bedürfnis, die eigene Plattform noch schneller zu machen. Die Augen liegen deshalb auf iOS 7. Apple muss es einfach auf die Reihe bekommen, Daten einfacher zwischen Apps austauschen zu können. AudioBus mit seiner (gut funktionierenden) Notlösung kann es nicht sein.

Wir sind in einer Situation angekommen die dem fehlenden Copy & Paste auf iOS in den frühen Versionen gleich kommt. Die Konkurrenz macht es besser und die Zeit drängt. Stillstand ist Rückschritt.

 

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