Skating to where the puck isn’t
Quelle: Flickr, thepeachmartini, CC BY-NC-ND 2.0
Das da ist das, was Apple mit Samsung gerade macht. Die Firma hat eine Horde von Anwälten engagiert, um es den Jungs aus Südkorea mal richtig zu zeigen. Indem sie ihnen ein paar Milliarden Dollar wegnehmen.
Aus irgendeinem Grunde ist das irgendwie wichtig. Aus irgendeinem Grunde ist es toll, wenn Apple es den fiesen Räubern mal ordentlich zeigt. Und die geifernde Masse in den Kommentarspalten fordert nach mehr. Mehr Fotos. Mehr Peinlichkeiten. Und alle machen mit. Jedes „Tech News Blog“ der Welt treibt die eigenen Klickzahlen in nie dagewesene Höhen, indem sie sich zum Billigporno für Nerds macht. Alles was noch fehlt ist eine Printausgabe von „The Verge“ und Konsorten mit ausklappbaren Gerichtsakten.
„Hallo ich bin das Aktenzeichen G-1843-334/Aa. Ich bin 18 Monate alt, 29cm groß, wiege 480 Gramm und mag am liebsten wenn man mich laut vorliest vor einem schön knackig warmen Kaminfeuer. Hier sind ein paar Fotos direkt aus meiner heißen Mitte, eine Schale Wasser und ein fünf Jahre altes Telefon nebeneinander. Ich hoffe das macht Dich ganz rasend. Komm, klick auf meinen Kommentarknopf“.
Vollkommen vergessen wird hierbei, dass früher jedes Jahr ein völlig neuer iPod auf den Markt gekommen ist. Neue Größe, neue Form, neue Farben, neue Speicherkapazität. Innovation hier Innovation da. Und man hat ohne Probleme 90% des Marktes beherrscht ganz ohne dass man Konkurrenten wie Zune oder iRiver in Grund und Boden klagen musste. Denn das nächste tolle Produkt stand bereits in den Startlöchern, am „Erfindertisch“ der Firma Apple.
All die Produkte haben in den letzten Jahren insgesamt 117 Milliarden Dollar Gewinne eingebracht. Und trotzdem sieht man sich genötigt, den einzigen Konkurrenten, der überhaupt noch Gewinne macht, nunmehr zu verklagen. Klar, das ist verständlich, denn die Art und Weise WIE Samsung dies getan hat, ist frech sondergleichen. Dass das Angebot von 30 bis 40 US-Dollar pro Gerät quasi das Einbehalten alle Gewinne von Samsung bedeutet hätte – geschenkt. Denn Microsoft bekommt ja auch noch 5 bis 10 Dollar.
Sollen sie doch froh sein, dass sie überhaupt was produzieren dürfen.
Dass DAS SPIEL, sprich das Patentsystem, gänzlich korrupt ist und anstatt der ursprünglichen Idee, einem Erfinder den Lebensunterhalt über seine Erfindungen zu sichern, geschützt über 10, vielleicht 15 Jahre – auch das geschenkt. Statt dessen weiten wir die Schutzzeiträume immer weiter und weiter aus, und die Masse freut sich wie bei einem Football- (SF Giants) oder Football- (Manchester United) Spiel, dass sich die Parteien die Köpfe einschlagen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken wenn jemand feststellt, dass die Spieler sich dabei kaputt machen, und die Idee des sauberen Sports längst vor Jahrzehnten zu Grabe getragen wurde. Die EU hat neulich angefangen, den Schutzzeitraum von geistigem Eigentum von 70 auf 90 Jahre zu erweitern. Klar, sind keine Patente – aber im Endeffekt ist es genau das Gleiche.
99% aller Kommentatoren gerieren sich dabei in einem Maße der diebischen Freude, der Häme und des Anfeuerns des “eigenen Teams“, ohne dabei zu bemerken, dass keiner wirklich versteht, was für ein Spiel überhaupt gespielt wird, dass dieses Spiel abgrundtief verdorben ist und immer verdorbener wird, und dass sie alle keinen blassen Schimmer von den Regeln haben.
Was mich dabei am meisten fassungslos dastehen lässt ist die Tatsache, dass so exzessiv viele Kommentatoren nicht bemerken, wie bigott sie doch sind. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass all diejenigen die Apple oder Samsung gerade anfeuern für “den Sieg” im Rechtsstreit um „geistiges Eigentum“ dann im nächsten Atemzug Kim Schmitz bejubeln, weil dieser es der amerikanischen Justiz ja mal so richtig gezeigt hat? Nur um fünf Minuten später das US Department of Justice zu verhöhnen, weil Amazon ja der ach so böse Monopolist ist mit dem Hinweis wie lächerlich es doch sei, wenn man Apple für kartellrechtlich bedenkliche Vorgänge in Restaurant-Hinterzimmern verklagt.
Mehr noch – wie viele 18 bis 40-jährige, die bei den letzten Landtagswahlen in Deutschland die Piratenpartei gewählt haben, sitzen heute tagtäglich vor dem PC und ereifern sich über das Handeln der einen oder anderen Firma, nur um danach den Bittorrent-Client anzuschmeißen damit sie auch bloß den neuesten Batman oder ein Alien-Prequel zu Gesicht bekommen, noch bevor er in den deutschen Kinos auf der Leinwand erscheint.
Das Patensystem ist verdorben, und keiner merkt es. Und wie ich neulich hier bemerkt habe bleibt mir das Lachen im Halse stecken, denn mir ist klar dass ich von Patenten keine Ahnung habe. Da werden mir ein paar Fotos gezeigt und am Ende, wenn dann der Urteilsspruch gefällt ist, weiß ich überhaupt nicht, WARUM es jetzt so gekommen ist. Um den Kommentar von drüben zu recyceln:
Ich finde die Masse an News und Kommentaren zu diesem vollkommenen Käse einfach nur noch nervend.
Nilay Patel hat es ein Mal gesagt und damit langt es auch schon: der Prozess ändert nichts am eigentlichen Problem, dem US Patentsystem.
Mir bleibt jedenfalls das Lachen im Halse stecken bzw. ich weiß genau dass ich nur drüber lachen kann weil ich nicht weiß, was WIRKLICH richtig oder falsch ist. Ungefähr so wie Leute die nichts von Computern verstehen „Das Netz“ mit Sandra Bullock für einen tollen Film halten können. Ungefähr das ist mein Level an Unwissen und da ich das weiß (dass ich eben nichts weiß) ist jedwede Beschäftigung mit dem Prozess der über die Urteilsverkündung hinaus geht, verschwendete Zeit. Und zwar massiv verschwendete Zeit.
Denn wenn am Ende Judge Koh irgendwas entscheidet bzw. ihre Geschworenen, dann ist doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis zu erwarten, dass von 99% der Leute die die mehreren Tausend Kommentare auf The Verge und sonstwo hinterlassen, keine Ahnung haben, WARUM das so gekommen ist, und sich weiterhin die hohlfruchteligen Argumente an den Kopf schmeißen BECAUSE OF REASONS!!!1!
Danke für diesen Blogeintrag.
Gefällt mir und spricht mir aus der Seele.